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Vorwort
Inhalt
1.Einleitung
2.Grundlagen für die Planung
3.Verkehrslärm
4.Gewerbelärm
4.1Gesetzliche Grundlagen
4.2 Berechnungs- und Beurteilungsgrundlagen
4.2.1DIN 18005-1 Schallschutz im Städtebau
4.2.2TA Lärm
4.2.3VDI-Richtlinie 2571 Schallabstrahlung von Industriebauten
5.Sport- und Freizeitlärm
6.Lärmminderungspläne / Lärmaktionspläne
7.Hinweise für die Planung
8.Literatur
9.Thematische Websites
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GEWERBELÄRM
   
 4.1 Gesetzliche Grundlagen

Im Zusammenhang mit der Planung gewerblicher Einrichtungen müssen immissionsschutzrechtliche und baurechtliche Gesichtspunkte beachtet werden.

Immissionsschutzrecht

Außer dem für Fragen der Bauleitplanung allgemein bedeutsamen Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG sind hier insbesondere die anlagenbezogenen Vorschriften im zweiten Teil des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von Bedeutung.

Nach § 4 BImSchG bedürfen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, einer Genehmigung.

Die im BImSchG vorgenommene Unterscheidung sog. genehmigungsbedürftiger Anlagen von den nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen ermöglicht es dem Planer, die Umweltrelevanz einer Anlagenart auch hinsichtlich des Lärmschutzes typisierend berücksichtigen zu können. Allerdings sollte auch berücksichtigt werden, dass der Katalog genehmigungsbedürftiger Anlagen starken Änderungen unterworfen ist (Umsetzung des europäischen Rechts).

Auch ist es von praktischer Bedeutung, dass sich die Ermittlung von Schallimmissionen und ihre immissionsschutzrechtliche Beurteilung im Fall genehmigungsbedürftiger und nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen nach der TECHNISCHEN ANLEITUNG ZUM SCHUTZ GEGEN LÄRM (TA Lärm) richtet.

Die genehmigungsbedürftigen Anlagen sind in der VERORDNUNG ÜBER GENEHMIGUNGSBEDÜRFTIGE ANLAGEN (4. BImSchV) nach Branchen bzw. Anlagenkategorien aufgeführt. Dabei wird gemäß § 4 BImSchG i. V. m. § 2 der 4. BImSchV zwischen Anlagen unterschieden, für die ein Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist und solchen Anlagen, für die ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung genügt. Die Zuordnung zu diesen Verfahrensarten erfolgt in Spalte c im Anhang 1 der 4. BImSchV durch Kennzeichnung mit den Buchstaben G (Genehmigungsverfahren) bzw. V (vereinfachtes Genehmigungsverfahren).

Das Genehmigungserfordernis erstreckt sich auf alle Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind, sowie auf Nebeneinrichtungen, die mit diesen Anlagenteilen und Verfahrensschritten in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen und die sowohl für das Entstehen als auch die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen von Bedeutung sein können.

Mehrere (kleinere) Anlagen derselben Art bilden eine gemeinsame (genehmigungsbedürftige) Anlage, wenn sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem gemeinsamen technischen Zweck dienen sowie zusammen die für die Genehmigungspflicht maßgebenden Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen erreichen bzw. überschreiten.

Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage hat nach § 5 Abs. 1 BImSchG u.a. die Pflichten, seine Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen hervorgerufen werden können, sowie Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen zu treffen, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung.

Mit § 22 BImSchG werden auch dem Betreiber einer nicht genehmigungspflichtigen Anlage Pflichten auferlegt: Nach Abs. 1 sind diese nämlich so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

Gemäß § 26 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass die Betreiber sowohl einer genehmigungsbedürftigen als auch einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen obersten Landesbehörde bekannt gegebenen Stelle (sogenannten § 26-Messstellen) ermitteln lassen, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden.

Das Verzeichnis der für Emissions- und Immissionsermittlungen bekannt gegebenen (notifizierten) Stellen nach § 26 BImSchG kann im Internet unter www.resymesa.de jeweils aktuell abgerufen werden.

Trotz des in § 3 BImSchG definierten Anlagenbegriffs ist in der Praxis oft die Frage zu beantworten, ob Geräusche bzw. Lärm verhaltensbedingt sind und somit unter dem Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zu prüfen wären, oder ob es sich um sog. Anlagengeräusche handelt, was immissionsschutzrechtliche sowie auch baurechtliche Bedeutung hätte. Eine Antwort auf diese Frage ergibt sich in den meisten Fällen durch die Überlegung, ob technische Maßnahmen geeignet wären, ruhestörenden Lärm abzustellen. Verhaltensbedingte Lärmeinwirkungen lassen sich nämlich durch technische Abhilfemaßnahmen i.d.R. nicht beseitigen, da die entsprechenden Geräusche nicht durch den "Stand der Technik" beeinflussbar sind.

Der immissionsschutzrechtlich verankerte Begriff Stand der Technik stößt in der Praxis des Schallschutzes immer dann auf Interpretationsschwierigkeiten, wenn es um die Beurteilung von Anlagen geht, deren technische Zweckbestimmung es ist, Schall zu erzeugen und möglichst laut zu sein. Beispiele dafür sind u.a. der Stundenschlag von Turmuhren (Liturgisches Läuten unterliegt keinen Anforderungen des Immissionsschutzes), Ruf und Warnsignale, Lautsprecherdurchsagen.

Im Zusammenhang mit dem Anlagenbegriff, welcher auch gewisse Arten von Fahrzeugen mit umfasst (nämlich solche, welche wie Gabelstapler oder Baumaschinen nicht am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen), sollte der folgende wichtige Gesichtspunkt berücksichtigt werden:

Kraftfahrzeuge, welche selbst nicht vom Anlagenbegriff erfasst werden (Personen- und Lastkraftwagen), bleiben deshalb hinsichtlich ihrer Geräusche im Zusammenhang mit Anlagengeräuschen durchaus nicht unberücksichtigt. Es sind die auf einem Betriebsgelände entstehenden Geräuscheinwirkungen von Kraftfahrzeugen, insbesondere von Lastkraftwagen, die in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb dieser Anlage stehen, der Anlage bzw. dem Anlagengeräusch hinzuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um betriebseigene Kraftfahrzeuge handelt oder um solche von Kunden, Abholern oder Lieferanten. Vor allem für Speditionen, Autobus-Unternehmen, Gewerbehöfe, den Großhandel, aber auch für den wohnungsnahen Supermarkt, den Getränke-Abholmarkt und den Hotelparkplatz im Wohngebiet sind die kraftfahrzeugbedingten Komponenten des Anlagengeräusches (Laufenlassen der Motore, Rangier- und Ladegeräusche, Türenschlagen) von primärer Bedeutung.

Baulärm als spezieller Fall des Gewerbelärms unterliegt gleichfalls dem Immissionsschutzrecht. Regelungen trifft die GERÄTE- UND MASCHINENLÄRMSCHUTZVERORDNUNG (32. BImSchV). Diese beinhaltet allerdings nicht nur Baumaschinen, sondern viele andere Geräte wie Rasenmäher, Laubbläser und -sammler, Heckenscheren, Kraftstromerzeuger. Im Abschnitt 3 der 32. BImSchV werden auch Betriebszeitenregelungen für den Betrieb in Wohngebieten vorgeschrieben.

Weiterhin ist die ALLGEMEINE VERWALTUNGSVORSCHRIFT ZUM SCHUTZ GEGEN BAULÄRM – GERÄUSCHIMMISSIONEN – anzuwenden.

 

Baurecht

Aus der Sicht der Bauleitplanung sind im Zusammenhang mit gewerblichen Nutzungen insbesondere das BauGB und die BauNVO zu beachten, auf welche in Abschnitt 2.1.2 bereits eingegangen worden ist.

Eine allgemeine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Gewerbebetrieben besteht in den Gebieten nach § 9 (Industriegebiete) und § 8 (Gewerbegebiete) der BauNVO. Gewerbebetriebe sind gleichfalls noch zulässig in Besonderen Wohngebieten (§ 4a BauNVO), in Dorfgebieten (§ 5 BauNVO) sowie in Misch- und Kerngebieten (§§ 6 u. 7 BauNVO), sofern es sich um (das Wohnen) nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe handelt. Ausnahmsweise können nicht störende Gewerbebetriebe auch in Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 BauNVO) und in allgemeinen Wohngebieten (§ 4 BauNVO) zugelassen werden.

Hingewiesen sei auch auf § 15 Abs. 3 BauNVO, wonach die Zulässigkeit von Anlagen in den Baugebieten nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen ist. Damit wird klargestellt, dass eine immissionsschutzrechtlich „genehmigungsbedürftige Anlage“ nicht ausschließlich in einem Industriegebiet unterzubringen ist.

Bei der Planung von Gewerbe- und Industriegebieten, die den Anforderungen des Lärmschutzes Rechnung tragen sollen, spielt die mit § 1 Abs. 4 BauNVO eröffnete Gliederungsmöglichkeit von Baugebieten eine wichtige Rolle. So können im Bebauungsplan Festsetzungen getroffen werden, welche das Baugebiet u. a. nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern.

Damit wird eine Verteilung der im Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Betriebe und Anlagen auf einzelne Bereiche des Gebiets ermöglicht, wobei für das Gebiet als Ganzes die nach der Baugebietsnorm zulässige Nutzung in der Summe gewahrt bleiben muss.

Nur für Gewerbe- und Industriegebiete darf die Verteilung der jeweils zulässigen Nutzungen und Anlagen auf voneinander getrennte Gebiete erfolgen. Die obige Anforderung bezieht sich in diesen Fällen lediglich auf die Summe aller Gewerbe- und Industriegebiete einer Gemeinde (RIST, 1990).

Diese weitreichende Gliederungsmöglichkeit von Industrie- und Gewerbegebieten kann unter Berücksichtigung der örtlichen Lärmsituation sowie der Abstandsverhältnisse zu anderen Nutzungen zur wirkungsvollen Steuerung der Ansiedlung lärmverursachender Anlagen herangezogen werden. Dazu eignet sich auch die Vorgabe von Höchstwerten der Schall-Emissionsstärke in Form des immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegels (Vorgabe der im Mittel je Quadratmeter Fläche abgestrahlten Schallleistung, welche auf einen Immissionsort wirkt). Mit der Begrenzung des Lärmpotentials anzusiedelnder Betriebe bereits im Bebauungsplan kann dem Grundsatz entsprochen werden, dass bei der Planung von Neubaugebieten keine neuen Problemsituationen geschaffen werden sollen.

Problematische Immissionsverhältnisse sind ein typisches Merkmal von Gemengelagen. Mit dem § 1 Abs. 10 BauNVO soll die Überplanung derartiger Bestandsgebiete erleichtert werden, indem Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen von Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, auch wenn in einem überwiegend bebauten Gebiet gemäß den §§ 2 bis 9 BauNVO bestimmte bauliche und sonstige Anlagen unzulässig wären.